Das Buch

Emil schmiedet Auswanderungspläne in seiner Mid-Life-Crisis, bloß weg, am besten nach Australien. Mitten in den Vorbereitungen verliebt er sich in Christine aus Dresden, die ihm nur bis in die Südschweiz folgen will. Emil willigt ein und findet mit ihr ein Paradies im Tessin. Ein beschauliches Dorf, zu dem eine Sackgasse führt, die kaum ein Fremder passiert, und um den sich bisher niemand schert, bis der Streit entbrennt. Polarisierung, Abgrenzung und Ausländerhass auf kleinstem Raum, plötzlich zwei Parteien, die sich für ewig entscheiden, auf welcher Seite sie stehen. Rot und blau, wie seit Urzeiten.
Christine und Emil werden geschasst, denunziert, versucht, mit infamen Methoden zu verdrängen. Der Konflikt eskaliert, Emil muss fliehen. Sie geben alles auf, ihre Liebe geht zugrunde, sie streben jeder für sich nach eigenem Frieden. Und hängen der Illusion einer Welt ohne Teilung nach, ohne Abgrenzung und ohne Vertreibung, in welcher der Mensch endlich aufhört, stets Freunde und Feinde zugleich zu suchen.

Der rot-blaue Boccalino erzählt vom Antrieb des Menschen, zu polarisieren, von jenen, die ständig glauben, zu kurz gekommen zu sein. Entgegengebrachtes Vertrauen macht sie unverschämt. Dann offenbart sich ihr ordinärer, banaler Charakter des Bösen.

Die Geschichte

In seiner Mid-Life-Crisis will Emil auswandern. Er hat alles vorbereitet für sein Ziel Australien. Dann lernt er Christine kennen, die kurz nach der Wende in den Westen ging. Sie verliebt sich in Emil und zieht zu ihm nach Frankfurt. Im Frühjahr entfliehen sie der Großstadt in die Sonnenstube der Schweiz. Christine entdeckt das Tessin für sich, beide offenbaren sich ihre geheimen Auswanderungsgedanken. Emil gibt aus Liebe zu Christine Australien auf. Die beiden heiraten, ein Wende-Ehepaar, das manchen westdeutschen Vorurteilen ausgesetzt ist.
Obwohl Emil das Tessin als altbacken empfindet, mieten sie sich eine Wohnung, suchen ein dauerhaftes Zuhause und finden ihr Paradies. In einem abgelegenen Dorf, wo nur dreizehn Menschen sechs Häuser bewohnen, führt die willkürliche Parzellierung des Geländes, die Privatstraße als einziger Zugang und die Grenze zwischen zwei Gemeinden, die mitten durch den Garten geht, zu eskalierenden Streitigkeiten. Anfangs freundliche Nachbarn werden zu Feinden, das winzige Dorf teilt sich in zwei Lager. Fremdenhass treibt die pensionierte Schweizerin Frau Tessler an, den beiden Deutschen mit perfiden Gemeinheiten ihr Ordnungsverständnis aufzudrücken. Sie verbündet sich mit dem benachbarten Paar Klaudia und Jovan, die sich zu selbsternannten Dorfpolizisten aufschwingen, um ihr eigen definiertes Recht durchzusetzen, geduldet von der Gemeinde, deren Antrieb dazu zunächst nicht zu durchschauen ist. Die Gemeinheiten nehmen groteske Züge an, man scheut selbst vor unverschämten Geldforderungen, Gerichtsprozessen und Strafanzeigen nicht zurück.
Christine und Emil verbringen schlaflose Nächte, verzweifeln an dem permanenten Druck, sich in einem fremden Land und in einer fremden Sprache zu wehren und aus dem Strudel von Prozessen und Forderungen wieder rauszufinden. Das wohlige Gefühl in ihrem neuen Zuhause und ihrem Garten Eden stirbt ab. Auch ihre Liebe füreinander.
Selbst der plötzliche Tod von Klaudia führt nicht zur Läuterung, der Streit geht weiter und endet darin, dass Jovan eines Morgens bewusstlos auf seiner Straße gefunden wird. Gerüchte verbreiten sich, geschürt durch eine angebliche Zeugin: Frau Tessler. In ihrem Hass auf Deutsche denunziert sie Emil und verschont den Tessiner Domenico als Mittäter. Emil muss fliehen, bevor der Vorfall genauer untersucht wird. Er flüchtet über die grüne Grenze nach Italien und taucht einige Tage später bei seiner Mutter in seinem Heimatdorf auf. Dort hält er es aber nicht lange aus und fährt zu einem alten Freund nach Griechenland. Mit anderen Freunden zusammen renoviert er ein altes Haus und entscheidet sich, für immer dort zu bleiben.
Nach Emils Flucht verkauft Christine ihr paradiesisches Zuhause und geht zurück nach Deutschland. Noch während sie in dem Tessiner Dorf wohnt, bewegt Christine das Schicksal der unbegleiteten Flüchtlingskinder. Ihr Anwesen wäre ideal und groß genug, zwei oder drei dieser Kinder aufzunehmen. Selbst aber dort dem Fremdenhass ausgesetzt, wären es die Kinder erst recht gewesen. Nun aber handelt sie, nimmt in Deutschland ein unbegleitetes Flüchtlingskind zur Pflege, trotz fremdenfeindlicher Blicke, die man ihr entgegen wirft.
Jeder auf seine Art, hängen Christine und Emil der Illusion einer Welt ohne Teilung nach, in der man sich nicht mehr auf zwei verfeindeten Seiten gegenüber steht, einer Welt ohne Abgrenzung und ohne Vertreibung, in welcher der Mensch aufhört, Freunde und Feinde zugleich zu suchen.

Die Motivation

In einer Zeit der Polarisierung und Vertreibung in der großen Welt erlebte ich in einer kleinen Gemeinschaft Ähnliches. Und das nicht in einem bekannten Kriegsherd oder Armenland, sondern in einem wohlhabenden Staat. Aus dieser Erfahrung wurde mir nachhaltig klar, dass eine Welt ohne Teilung, ohne Vertreibung und ohne Feindbild immer eine Illusion bleiben wird. Diese einfache Geschichte in einem kleinen Dorf in der Südschweiz, deren südlichster Kanton seit seiner Gründung in zwei Lager zerfällt, reflektiert die Parteilichkeit, die sich selbst in der kleinsten Struktur des Zusammenlebens wiederfindet.

Der Autor

Edgar Bernardi, beobachtender Physiker, versteht sich als emotionalen statt kopfgesteuerten Naturwissenschaftler. Seinem Debütroman Licht des Schattens, eine Coming of Age-Erzählung, folgte Der rot-blaue Boccalino über polarisierende Menschen in einem kleinen Tessiner Dorf. In Zweistromland erzählt er vom Identitätsverlust der Ostdeutschen, die sich in einem wiedervereinten Deutschland noch immer wie Bürger zweiter Klasse fühlen. Mit Was die Welt im Innersten zusammenhält möchte er Kindern die faszinierende Welt der Physik näherbringen. Der Roman Zeitumkehr lebt von der Hoffnung der Umkehrbarkeit der Zeit. Und nicht zuletzt beschäftigt ihn der nachhaltige Zerfall unseres Lebensraumes und die Ignoranz der Menschheit vor der eigenen Zerstörung in seinem Buch Urknall.

Die Leseproben

zum Durchblättern

Der Autor dankt der geduldigen Lektorin Katja Völkel - und den Lesern für deren Rezensionen, Kommentare und Kritik.

Rezensionen, Leserkommentare

Auf jeden Fall ein schönes Buch über zwischenmenschliche Beziehungen ...
Kürzlich schaute ich im Fernsehen zufällig eine Sendung über das Tessin und dachte mir so, wunderschöne Region, die muss ich auch mal erkunden. Ich schlug im Internet entsprechende Seiten auf und landete beim ersten Versuch direkt bei Amazon und Ihrem Buch über das Tessin.
Erstaunlich, welche Erfahrungen man dort machen kann, hätte das so für die weltoffene Schweiz nicht für möglich gehalten.
Auf jeden Fall ein schönes Buch über zwischenmenschliche Beziehungen, sowie ich gelesen habe, durchaus autobiografisch.
Ich habe gerade Ihr erstes Buch bestellt und bin gespannt, was mich da so erwarten wird.
Offen gestanden hat mich Ihr zweites Buch in mancherlei Hinsicht ziemlich mitgenommen und ich empfand die Erlebnisse zum Teil regelrecht beklemmend, wie diese schickanösen Umzugsdetails auch in Bezug auf den LKW und diese enorme Bespitzlung durch Nachbarn. Man hat regelrecht mitgelitten und dann zum Schluß on top noch die Trennung. Da musste man erstmal schlucken.
Helga F.

Ein tiefgründig gehendes Buch!
Der rot-blaue Boccalino des Autors Edgar Bernardi ist ein Roman aus dem Bereich Literatur, der im Independently published am 12. Mai 2021 erschien ist.
Inhalt:
Der sich in der Midlife-Crisis befindende Emil schmiedet Auswanderungspläne, die nach Australien gehen sollen. Doch es kommt alles anders und er geht mit seiner ostdeutschen Freundin Christine ins Tessin. Dort entdecken sie ihr Paradies in einem kleinen Dorf, bis es zu einem Streit kommt. Auf kleinstem Raum kommt es zu Abgrenzung, Ausländerhass und Polarisierung. Schließlich muss sich jeder im Dorf wie seit Urzeiten entscheiden, auf welche Seite er steht, also Rot oder Blau.
Meinung:
Das Buch erscheint als Softcover mit 233 Seiten und einem Cover, das passend zum Titel des Buches gewählt wurde, denn die Bewohner des Dorfes müssen sich für eine Seite entscheiden wie in alten Zeiten, entweder für Rot oder Blau. Die Thematik ist sehr realistisch beschrieben, auch wenn ich die Stimmung im Buch als ziemlich bedrückend bzw. melancholisch empfinde, was wiederum aber gut zur Thematik passt. Auch hat die Geschichte einen sehr guten Tiefgang. Leider wirkt die Geschichte an manchen stellen etwas zäh, was es schwieriger macht, sie zu lesen, selbst wenn ich gerne anspruchsvolle Literatur lese.
Fazit:
Ich kann das Buch nur jedem empfehlen, der gerne Bücher liest, die im Tessin spielen und in Richtung Drama gehen, aber auch für Weltenbummler und denen, die mit den Gedanken spielen auszuwandern.
Florian E.
Florians Bücherwelt

Ein Roman nahe an einem Erfahrungsbericht über das Leben in fremder Umgebung bis hin zum Thema Flucht. Kaltwarm in Rotblau
Der rotblaue Boccalino ist ein Buch unserer Zeit und alleine schon deshalb spannend. Es zeigt die Einflüsse der politischen Vergangenheit in unterschiedlichen Ländern auf das Leben und die Gegenwart der beiden Protagonisten, die versuchen, ihre Träume zu leben.
Also wie Christine ihren Wutausbruch hat wegen der Erde, die für den Weinberg aus Italien herangeschafft wurde, und alles so gar nicht regelkonform, das war schon filmreife Unterhaltung.
Vielleicht kommt das Bedrückende auch daher, das alles so präzise und gut vorstellbar geschrieben ist?
Peter A.

Ein Roman über Rassismus und der Kampf dagegen. "Anders zu sein ist doch nicht abstoßend."
Ich fand in dem Roman sehr gut die alltagsrassistischen Situationen geschildert. Rassismus wird nicht immer offen kommuniziert, sondern kann sich auch unterschwellig verbergen, was hier sehr gut dargestellt wird.
Der Abschluss des Buches fand ich super. Christine ... ist eine Kämpferin und wird immer wieder gegen die Ungerechtigkeit ankämpfen. Christine die Kämpferin und Emil, der das Kämpfen satt hat. Zwei krasse Gegensätze. Rot und blau, könnte man wohl sagen. Das Buch fand ich sehr authentisch und vor allem gut geschrieben. Ab und an hat es mir etwas an Spannung gefehlt, weshalb sich manche Stellen in die Länge gezogen haben. Aber alles in allem ein gelungenes Buch.
Vani S.

Ein melancholischer und sehr realistischer Roman
Dieses Buch ist unterhaltsam und zugleich sehr melancholisch. Dabei bleibt ein bedrückendes Gefühl über den ganzen Verlauf der Geschichte und machte die Geschichte für mich zeitweise zäh. Dennoch handelt es sich um einen sehr realistischen Roman, bei dem es um die Relevanz von wegweisenden Entscheidungen geht und um auch historische Begebenheiten und damit verknüpfte Vorurteile.
Yoppel

Ein realistisch geschriebenes Buch über Fremdenhass, Polarisierung, Willkür und Trennung. Hat mich betroffen und nachdenklich gestimmt.
Diese Geschichte gefällt mir bis jetzt wirklich gut! Der exzellente, unaufgeregte und detailreiche Schreibstil tut ein Übriges dazu.

Bei diesem Buch des Autors und Physikers Edgar Bernardi handelt es sich nicht um einen Unterhaltungsroman, sondern es geht um Tiefgründiges wie Fremdenhass und die damit verbundenen Schwierigkeiten, nicht nur der Protagonisten, damit umzugehen. Es geht hier auch um Willkür und Bürokratismus. In einer ruhigen aber doch beeindruckenden Art und Weise wird hier erzählt, wie Hass gegenüber Fremden und Nachbarschaftsstreit über Jahre hinweg derart eskalieren können. Eine Geschichte, wie sie jederzeit und überall passieren kann. Vom Kämpfen um Gerechtigkeit und auch um des Kämpfens müde zu sein. Ein Buch, welches mich noch lange beschäftigen wird.
„Menschen verharren oft nur hinter Mauern, anstatt über Brücken zu gehen”
Rabena

(Alb) Traum Auswandern
Wer hat nicht die Illusion, woanders neu anzufangen? Die Sehnsucht von weniger Arbeit und weniger Verpflichtungen. Der Freiheit, das Leben mehr zu geniessen. Auch Emil und Christine folgen ihrem Traum nach Tessin. Nach anfänglicher Idylle folgt Kleinkariertheit, Neid und Fremdenhass. Die ihre persönliche Beziehung auf eine harte Probe stellt. Diese Geschichte hat ihren eigenen Schreibstil. Sie lässt mich an meinen eigenen Träumen vom Neuanfang zweifeln und hat mich davon überzeugt, das Jetzt und Hier mehr zu beachten. Leseempfehlung für alle Ausreißer und Weltenbummler.
Natalie G.

Boccalino
Ich habe den »Boccalino« in einem Rutsch gelesen. Suggestiv und spannend erzählt, die Geschichte von Christine und Emil und ihrer Auswanderung ins schöne Tessin, das sich als Projektionsfläche für ein schönes Leben ja geradezu anbietet. Das Wiegen des Umzugswagens an der schweizerischen Grenze, die verlangte Gewichtsreduktion und das folgende lästige Umladen auf zwei Camions, solche Episoden und Ärgernisse könnte man noch abtun als schweizerische Eigenheiten des »Zügelns«, des Umziehens, und mit einem Kopfschütteln und Humor weglächeln und abhaken. Aber wie sich dann eine negative Dynamik in der neuen Heimat entwickelt ... Ich habe immer wieder reflektiert, wie ich mich bei all dem fühlen würde. Wann würde es mir zu viel werden, es sich einfach nicht mehr lohnen zu kämpfen, sich als tough und durchsetzungsstark wie Christine und Emil zu beweisen? Könnte und wollte ich in diesem Chaos noch souverän bleiben? Würde es mir gelingen, beim Nachhause kommen die Probleme am Rand des eigenen Grundstücks abzustreifen, mich im eigenen schönen Zuhause abzuschotten und glücklich zu fühlen? Wenn selbst so schöne Highlights wie das Revival-Hippie-Fest und die Kinoabende im Garten von neidischen Nachbarn torpediert werden?
Die Geschichte nimmt im letzten Teil des Buchs nochmal richtig Fahrt auf, als die vielen negativen Ereignisse die Vision eines besseren Lebens endgültig überschatten und zur neuen Suche nach dem Glück und zu neuen Ufern für Christine und Emil führen.

Danke für ein spannendes Leseerlebnis!
Marion

Die Bezugsquellen

Taschenbuch deutscher Buchhandel | ISBN 978-3-754-62988-8 | Preis: 8,95 €

Taschenbuch Schweizer Buchhandel | ISBN 978-3-754-62988-8 | Preis: CHF 13,90

Taschenbuch Wortwerke Buchhandlung & Café, Rastatt, Lyzeumstrasse 5 | ISBN 979-8-588-10730-3 | Preis: 8,95 €

Taschenbuch amazon | ISBN 979-8-588-10730-3 | Preis: 8,95 €

e-Book kindle | ASIN B08 RK5 VLCH | Preis: 6,99 €

e-Book Thalia: DE | ISBN 978-3-752-14754-4 | Preis: 6,99 € | Thalia, Hugendubel, aber auch andere tolino-Verlage in Deutschland

e-book Orell Füssli: CH | ISBN 978-3-752-14754-4 | Preis: CHF 7,90 | Orell Füssli, Weltbild, aber auch andere tolino-Verlage in der Schweiz